rothko3/ eine raumoper
[a painful struggle to reach
the essence of the essential/ Mark Rothko]
[eine Raum-Bildungs-Soap]
Die Architektin A bewohnt 6 qm in einem Wohnregal in Berlin, wie
alle, die nur einen Zeitvertrag mit 6 qm mšblierter FertigwohnflŠche bekommen:
minimaler Platzbedarf fŸr 1 Bett, 1 Tisch, 1 Stuhl, 1 Schrank. Wohnraum ist
teuer und es ist das Jahr 2022. Nach langer Antragstellungstellung und einem
komplizierten Losverfahren erhŠlt A endlich die Zusage fŸr die langersehnte
MindestentwurfsflŠche: 6 qm Gestaltungsraum am Alexander Platz in Berlin-Mitte,
kurz ãAlexÒ. Dieser befindet sich in den labyrinthischen GŠngen des U-Bahnhofs.
A ist einerseits sehr froh, dass sie ihre 6 qm ãEntwurfsgrundbedarfsflŠche fŸr
junge Architekten nach ¤ 6, RaumbildungsordnungÒ erhalten hat, andererseits enttŠuscht,
dass diese unter der Erde ist. Sie beschwert sich bei den zustŠndigen Beamten
des Raumordnungsamtes, Herr Dienst (Bedarfsleiter) und Herr Gott (Gestaltungsleiter),
die sich allerdings nie verantwortlich zeigen wollen und in immer andere
ZustŠndigkeitsbereiche changieren. Mal streitet sie wŸtend mit dem einen, mal
diskutiert sie jovial mit dem anderen, entdeckt dann aber in 6 Akten die unterschiedlichen
QualitŠten des Untergrundes (1 FlŠchenzahl+Raumwille/ 2 Licht+Zeit/ 3 Weg+Zeit/
4 Sehen+IdentitŠt/ 5 Kšrper+Zeichen/ 6 GedŠchtnis+Sein) und vereint sich mit
dem unendlichen FlŠchen- und Weggewirr zu einem †berraum. A wird Teil des Gro§raumes,
teilt sich in einzelne 1 qm Zellen und besetzt alle relevanten Orte.
Jeder Akt, hier ãstatoÒ, beginnt mit einem inneren Rezitativ auf
dem Weg zum Amt, eršrtert in einem Arien-Dialog das jeweilige Raumproblem und
endet in choralen Statements der …ffentlichkeit als Schlagzeile einer
Boulevardzeitung.
[ein Architekten-MŠrchen]
Interpreten/
SŠnger, Licht, Szenenbilder, KlŠnge/ Sound sind Projektionen auf Werbetafeln
und ReprŠsentanten unserer Objektwelt in SchaukŠsten (der reale Ort der
KŸnstler ist die Schaltzentrale im Bahnhof). Das Libretto dieser Oper ist in
einer bewusst artifiziellen Sprache geschrieben und bildet einen Ÿberdrehten Gegenpol
zur Alltagssprache, eine Art ãKanak SprakÒ der Hochkultur. Die Musik ist ein
Einspielen von Samples aus der Umgebung auf einen atmosphŠrischen Soundteppich,
in der Art von DJaying in Clubs.
rothko3 ist eine Auseinandersetzung mit dem šffentlichen und privaten Raum
als Inszenierung des Abwesenden, auch ein dramatisch-artifizieller Dialog um
das Essentielle in Raum und Sein. Der Ausdruck ist ein minimaler, reduzierter
Code fŸr das maximal Mšgliche innerhalb fester Raum- und Bildgrenzen (ãWille
versus WirklichkeitÒ). Die Architektenoper fokussiert das Individuum in der
Dichte des urbanen Raums in einer absurden RealitŠt.
[I do not believe that there was ever a question of being
abstract--- it is really a matter of ending this silence and solitude, of
breathing and stretching one's arms again/ Mark Rothko]
Programmpunkte:
die Konstruktion von ZeitrŠumen als Ort der Beziehungen
die Konstruktion des Raums als Spiel mit projizierten
Seinsfragmenten
die Konstruktion eines Raumkontinuums als Bild des Selbst
ausgehend von der Idee:
1.
dass
man nur 6 qm zur Gestaltung persšnlicher Ansichten bekommt,
2.
dass
man, wie die Geschichte und die Zukunft des Ortes, nicht anwesend ist,
3.
dass
man sich verschlŸsselt und verkleidet als Teil-IdentitŠten des Ortes,
4.
dass
der umfassende Ausdruck einer Idee ein Zusammenspiel aller Sinne ist,
5.
dass
es einen ãnormalenÒ Umgang mit dem Ort nicht geben kann, weil die Normen dem
Wandel der Zeit unterliegen,
6.
dass
die Oper die Architektur der Sinne und das Internet die Landschaft des
virtuellen Selbst ist.